20. Sep

2017

Ostasien Ausstellungstipps

Zuletzt aktualisiert am 12. Juli 2019

M50 Shanghai © Sabine Ritter

Archiv ausgesuchter, vergangener Ausstellungen im deutschsprachigen Raum rund um den Kulturraum des Fernen Osten insbesondere zu China, Taiwan, Korea und Japan aber auch über den Tellerrand hinaus. Aktuelle Ausstellungen finden Sie hier.

Ahnenverehrung

2017

Ts’ai Lun (Cai Lun bzw. 蔡倫), Beamter am chinesischen Kaiserhof, dokumentierte bereits um 105 n. Chr. die Papierherstellung und gilt als dessen Erfinder. Papier spielt auch heute noch eine bedeutende Rolle bei der Verehrung der Ahnen in China.

Die Ausstellung «Kleidung, Smartphone und Bananen aus Papier. Wie die Chinesen ihre Liebe ins Jenseits senden» beleuchtet einen besonderen Aspekt der Ahnenverehrung der chinesischen Community anhand papierener Opfergaben, überwiegend aus dem Osten der Volksrepublik China, aus dem Jahr 2016. Alltagsgegenstände werden aus Papier als Miniaturen nachgebildet, verbrannt und finden so den Weg in die Welt der Ahnen. Jenseits und Diesseits gelten als Spiegelbild ihrer selbst. Hinterbliebene bieten auf diesem Weg ihren Ahnen, aber auch Göttern und Geistern, die großen Einfluss auf das eigene Schicksal haben, Annehmlichkeiten und erfüllen ihnen ihre Wünsche.

Lebensweise und persönliche Vorlieben der Verstorbenen sind hierbei maßgeblich. Dabei kann es sich auch um Lieblingsgericht oder -getränk ebenso handeln wie um Kleidung aber eben auch um in Papierform nachgebildete Alltagsgegenstände sowie um Imitationen von Zahlungsmittel wie Geldbündel die Dollarnoten ähneln. Nicht nur in China wird heute der Versuch unternommen diesen Brauch zum Beispiel durch Anlage von Verbrennungsöfen an den Friedhöfen in geordnete Bahnen zu lenken und so wirft die Ausstellung auch einen Blick auf das Neben- und Miteinander von jahrhundertealten Traditionen und modernen Megacities in China.

Ausstellung bis 22. Dezember 2017 in der Papiermühle Alte Dombach bei Bergisch Gladbach, industriemuseum.lvr.de. Geöffnet Dienstag bis Freitag von 10.00 bis 17.00 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 11.00 bis 18.00 Uhr.

Buddha’s Schatzkammern

2016 – 2017

Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte zeigt 232 Meisterwerke buddhistischer Kunst aus 2.000 Jahren auf rund 6.000 m² und gibt einen einzigartigen Überblick über die buddhistische Kunst in Asien vom 1. Jahrhundert vor Christus bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Die Exponate, zum Teil bisher noch nie öffentlich ausgestellt, sind in vier Ausstellungsabteilungen gegliedert: Südasien, Ostasien, Südostasien und die Region des Himalaja. Die Ausstellung gilt bereits jetzt schon als eine der bedeutendstem panasiatischem Ausstellungen zum Buddhismus, die weltweit jemals gezeigt wurde und wird von einem umfangreichen Begleitprogramm flankiert.

Ausstellung bis zum 19. Februar 2017 im Weltkulturerbe Völklinger Hütte, Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur, täglich 10.00 bis 19.00 Uhr (bis 06. November 2016) bzw. 10.00 bis 18.00 Uhr (ab 07. November 2016) außer 24., 25, 31. Dezember. Anreiseinformationen und Online-Tickets www.voelklinger-huette.org.

Katalogbuch zur Ausstellung herausgegeben von Meinrad Maria Grewenig und Eberhard Rist: Buddha – Sammler öffnen ihre Schatzkammern. 232 Meisterwerke buddhistischer Kunst aus 2000 Jahren. Der Katalog diskutiert im Rahmen der wissenschaftlichen Aufsätze und Objektbeschreibungen ausführlich die gezeigten Kunstwerke und die Weltanschauung des Buddhismus. 528 S., zahlr. z.T. ganzs. Abbildungen. Geb. Buch bei Amazon.

Im Rahmen des Jahresthemas Buddha im Weltkulturerbe Völklinger Hütte präsentiert der Band Buddhismus. Fotografien 1985 bis 2013 eindrucksvolle Fotos des Künstlers Steve McCurry aus dem Zeitraum von 1985 bis 2013. 96 S., zahlr, Abbildungen. OBrosch. Buch bei Amazon.

Tibet! Religion, Kunst, Mythos

2010

Das Knauf-Museum in Iphofen überrascht immer wieder mit spannenden Sonderausstellungen. Diesmal lädt man den Interessierten ein, sich auf das Dach der Welt zu begeben um einen Eindruck über die Religion und die große Kunsttradition des alten Tibets zu erhalten und dem Mythos, den dieses faszinierende Land schon immer umgab, nachzugehen. Die gezeigten Objekte sind Leihgaben verschiedener Privatsammlungen und Museen mit denen das Knauf-Museum seit Jahren freundschaftlichen Kontakt und regen Austausch unterhält, wie das Staatliche Museum für Völkerkunde in München, das Museum der Kulturen in Basel, das Heinrich-Harrer-Museum in Hüttenberg und das Museum Villa Rot in Burgrieden-Rot. Das Heinrich-Harrer-Museum stellt dem Museum Statuen, Gegenstände des Alltagslebens wie z.B. farbenprächtigen, verzierten Kopfschmuck, rituelle Gewänder und Objekte zur Verfügung, die Heinrich Harrer im Laufe seiner mehrmaligen Besuche Tibets erwarb. Der Forschungsreisende, Bergsteiger, Sammler und Freund S. H. Dalai Lamas Heinrich Harrer gehört zusammen mit Peter Aufschnaiter zu den letzten Europäern, die das alte Tibet erlebten. Harrers Buch Sieben Jahre in Tibet, das 1953 erstmals erschien und die Verfilmung des Bestsellers 1997 durch Jean-Jacques Annaud haben ihn allgemein bekannt gemacht. Seine Witwe Carina Harrer entlieh zudem dem Knauf-Museum aus ihrer persönlichen Sammlung beeindruckende Blätter zum Thema tibetische Medizin sowie noch nie gezeigte andere Kostbarkeiten von unschätzbarem Wert. Aus dem Museum der Kulturen in Basel und dem Staatlichen Museum für Völkerkunde, München kommen unter anderem wertvolle vergoldete, minutiös gestaltete Götterstatuen, die die ganze Fülle des lamaistischen Götterhimmels präsentieren sowie Thangkas, die in Tibet in Tempeln oder in privaten Haushalten zu finden waren. Als außergewöhnlich, was die Größe, aber auch, was den Werdegang angeht, zeigt sich das farbenfreudige Riesenthangka. Dieses Thangka ist das größte Europas. Werner Engelmann hat es einst für das Münchner Staatliche Museum für Völkerkunde als Aushängeschild für eine Ausstellung nach alten Vorbildern konzipiert und gestaltet.

Eines der zahlreichen Highlights dürfte die detailgetreue, aufwendige Nachbildung einer Inneneinrichtung eines tibetischen Tempels sein. Die Szenerie mit Götterstatuen, Ritualgegenständen, wie den unzähligen Butterlämpchen auf den Altären garantiert bei dem Besucher einen stimmungsvollen, kleinen Einblick in ein tibetisches Tempelinnere.

Zur Ausstellung erschien ein informativer und gut bebildeter Begleitband, der sich in Aufsätzen mit den verschiedensten Themen auseinandersetzt. Die Bandbreite die auch in der Ausstellung zu finden ist, erstreckt sich von dem Naturraum Tibets über die Literatur des tantrischen Meisters Milarepa, der Religion, der Kunst, bis hin zu den Tibetreisenden und Expeditionen des 19. und 20. Jahrhunderts sowie außergewöhnlichen Beiträgen zum Thema. Knauf-Museum Iphofen, Am Marktplatz, 97343 Iphofen.

Kunstszene Vietnam

2009 – 2010

Konzentrierte sich bis Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts die künstlerische Ausbildung in Vietnam nahezu ausschließlich auf traditionelle Methoden, eine Auseinandersetzung mit internationaler Kunst und Trends war nur begrenzt möglich, so konnten sich, mit Öffnung des Landes und einem regen internationalen Austausch, neue Ausdrucksformen entwickeln. Die Ausstellung zur Kunstszene in Vietnam steht dabei nicht allein, sondern ist Teil von Connect, einer ganzen Reihe von Ausstellungen in Berlin und Stuttgart, die nationale, regionale oder lokale Kunstszenen vorstellt, die derzeit weniger im Fokus der internationalen Kunstwelt stehen, doch in denen sich aktuell spannende Entwicklungen abspielen.

Die erste Ausstellung der Reihe konzentrierte sich auf Akteure aus den Städten Hanoi im Norden und Ho-Chi-Minh-Stadt im Süden und stellt elf vietnamesische Künstlerinnen und Künstler mit Installationen, Videoarbeiten, Performances und Malerei vor, die sich in ihren Arbeiten mit gesellschaftlichen und sozialen Phänomenen auseinandersetzen. Sie alle leisten einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung einer zeitgenössischen und gesellschaftspolitisch relevanten Kunstszene in Vietnam. Ausstel­lung des In­sti­tuts für Aus­lands­be­zie­hun­gen vom 18. Dezember 2009 bis 05. April 2010 in Berlin und vom 30. Juli 2010 bis 03. Oktober 2010 in Stuttgart.

Zur Ausstellung erscheint eine Begleitpublikation, zugleich das erste deutschsprachige Kompendium über die Kunst Vietnams seit Anfang der 1990er Jahre, mit Textbeiträgen von Nguyen Quan, Bui Nhu Huong, Nguyen Nhu Huy, Veronika Radulovic, Barbara Barsch u. a. im Kerber Verlag. Format 17,5 × 24,5 cm, 152 Seiten mit 219 farbigen Abbildungen, Hardcover. Buch bei Amazon.

Die Welt wird Stadt

2009

Die Welt wird Stadt für die Hälfte ihrer Bewohner ist sie es bereits geworden. Bis zum Jahr 2030 werden weitere drei Milliarden Menschen, insgesamt sechzig Prozent der Weltbevölkerung, in Städten leben. Während in Europa die urbanen Ballungsräume schrumpfen, steigt in Asien, Afrika und Lateinamerika die Siedlungsdichte rapide.

Welche Effekte bringt der dynamische Prozess einer globalen Verstädterung mit sich? Wie unterscheiden sich die neuen Stadtformationen von der Tradition der europäischen Stadt? Welche neuen Stadttypen bilden sich heraus? Das Phänomen megaurbaner Räume wird in drei Themenfeldern dargestellt: Der Blick von oben lässt städtebauliche Strukturen und Entwicklungen erkennbar werden. Am Beispiel unter anderem von Dubai, Hongkong, Oman, Palästina, oder Taschkent werden verschiedene Stadttypologien vorgestellt: Megacities mit bis zu zwanzig Millionen Einwohnern und mehr, starker Bebauungsdichte und reduzierten städtebaulichen Standards; Global Cities, die als Entscheidungszentralen der globalisierten Wirtschaftsströme unabhängige Metropolen bilden und Informal Cities, die durch die ungeplante Landnahme der Bewohner gekennzeichnet sind. Traditionelle Hutongs und Neubausiedlungen in China, Gated Communities und die Medina in den Golfstaaten, São Paulos Favelas und Luxuasapartments zeigen fragmentierte Lebenswelten: Die soziale Realität der Städte ist Motor eines schnellen und umfassenden urbanen Wandels weltweit.

Die Ausstellung fasst globale Entwicklungen zusammen, die in den vergangenen Jahren in den ifa Galerien Stuttgart und Berlin exemplarisch anhand von Moskau, Istanbul, Lagos, Kairo, Seoul und Peking thematisiert wurden. Die Welt wird Stadt beschließt diese StadtanSichten. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit 90 Seiten und Texten von Eckhart Ribbeck, Iris Lenz und Valérie Hammerbacher. Ausstellung bis 06. Dezember 2009 im Institut für Auslandsbeziehungen e.V., Linienstraße 139/140, 10115 Berlin.

Asiatische Metropolen

2004

Neon Tigers. Photographs! In Peter Bialobrzeski Arbeit Neon Tigers verschmelzen die sieben asiatischen Metropolen Bangkok, Kuala Lumpur, Hongkong, Shanghai, Jakarta, Singapur und Shenzhen zu einer virtuellen Megastadt.

Peter Bialobrzeskis Metropolen der asiatischen Tigerstaaten gleichen keinem real existierenden Stadtkonzept mehr. Vielmehr erinnern sie an SimCity, ein Computerspiel, in dem nach kausalen Verknüpfungen eine virtuelle Stadt simuliert wird.

Die Bilder scheinen keine reale Welt mehr widerzuspiegeln, sondern wirken vielmehr wie die Traumwelten eines durchgeknallten Filmarchitekten oder Computerspielproduzenten. Ihre realen Bezüge lösen im Betrachter einen Konflikt aus: Die Schönheit des Absurden konkurriert mit dem Wissen, dass hier eine unumkehrbare Veränderung städtischer Lebensräume thematisiert wird. Dabei stehen sich zwei Wachstumsmodelle gegenüber: völlig hemmungsloses, unkontrolliertes Wachstum wie in Bangkok und völlig kontrolliertes Wachstum, nicht weniger hemmungslos, etwa in Schanghai. Bialobrzeskis Fotografien sind aufgeladen mit einer Vielzahl sich widersprechender, oft für den Westler scheinbar nicht lesbarer Zeichen. Eine Art semiotischer Overkill, dem nur noch der Bildrahmen Halt verleiht.

Der deutsche Fotograf Peter Bialobrzeski (geboren 1961 in Wolfsburg) wurde 2003 bei den begehrten World Press Photo Awards in der Kategorie Kunst mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

Die Ausstellung Neon Tigers ist im Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, Hamburg-Barmbek, www.museum-der-arbeit.de ab dem 06. Mai 2004 zu sehen und wird von einem Ausstellungsband begleitet.

Peter Bialobrzeski: Neon Tigers. Photographs. Hrsg. vom Museum der Arbeit, Hamburg. Texte von Florian Hanig, Christof Ribbat. Dtsch.-Engl. Quer 4°. 112 S. Geb. 50 z.T. ganzs. farb. Abb. Hatje Cantz, Ostfildern Mai 2004. Buch bei Amazon.

Schätze der Himmelssöhne

2004

Das 1965 erbaute Palastmuseum in Taipeh beherbergt die weltweit größte Sammlung chinesischer Kunst. Von den 650.000 Objekten wurden viele bis heute weder ausgestellt noch publiziert. Der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland wurde das Privileg zuteil, eine eigene Auswahl von insgesamt 400 Exponaten zur Ausstellung in Berlin und Bonn zu treffen, die in beiden Städten jeweils drei Monate lang zu sehen sein wird. Darunter befinden sich zwei separate Kontingente für Berlin und Bonn:  Meisterwerke der Malerei, Kalligraphie, Buchkunst, Seidenbandweberei und Stickerei. Die übrigen Exponate sind an beiden Ausstellungsorten gleich. Gezeigt werden u.a. auch bronzene Ritualgefäße der frühgeschichtlichen Zeit, Jadeschnitzereien aus der Antike bis in die Neuzeit, erlesene Keramik und Porzellane, illuminierte buddhistische Handschriften, seltene Lackarbeiten, frühes Cloisonné und Schnitzereien aus Bambus, Elfenbe in und anderen wertvollen Materialien. Auch Kostbarkeiten des Gelehrtenstudios und Tributgaben aus fernen Ländern werden zu sehen sein.

Die Kunstsammlung des chinesischen Kaiserhofes – zum größten Teil im Nationalen Palastmuseum Taipeh, Taiwan, bewahrt – wird in Berlin und Bonn erstmals zu sehen sein. Die Tradition der Sammlung als Vermächtnis des imperialen China und Symbol nationalen Kulturerbes verleiht dieser Ausstellung eine herausragende historische Bedeutung. Das wechselvolle Schicksal der kaiserlichen Sammlung veranschaulicht in einzigartiger Weise die Geschichte Chinas unter den Aspekten des Bewahrens und Tradierens künstlerischer Errungenschaften. Präsentiert werden in dieser Ausstellung Meisterwerke aller Epochen der chinesischen Kunst- und Kulturgeschichte vom Neolithikum bis zum Aufbruch in die Moderne.

Die Auswahl der Werke reflektiert die Vielfalt, Kreativität und Funktionen chinesischer Kunst ebenso wie zentrale gesellschaftliche, geistige und politische Strömungen. Thematische Schwerpunkte bilden der Mensch, seine Beziehung zur Natur und seine Stellung in der Gesellschaft. Die komplexe Stilsprache der chinesischen Kunst wird in ihren beiden Hauptströmungen veranschaulicht. Der geistvollen Bildsprache aus der Tradition des Gelehrtentums wird die sinnenfrohe und symbolreiche Prachtentfaltung der höfischen Aristokratie gegenübergestellt. Kaiserliches Mäzenatentum wird im Spannungsfeld zwischen ästhetischen Werten, moralischen Idealen und politischen Zielen hinterfragt. Besonderes Augenmerk gilt hier dem Kaiser und Kunstkenner Kao-tsung der Regierungsära Ch’ienlung (1736-1796).

Ein Ausstellungsprojekt der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Kooperation mit den Staatlichen Museen zu Berlin: www.bundeskunsthalle.de.

Begleitend ist ein wissenschaftliches Begleitbuch mit 472 Seiten erschienen. Sämtliche Sammlungsstücke werden in Farbe abgebildet und sachkundig beschrieben. Textbeiträge von ausgewiesenen Kennern der chinesischen Kunst widmen sich vertiefend den einzelnen Bereichen der kaiserlichen Sammlung und ihrer Geschichte: etwa der Malerei der Ming- und Qing-Zeit und der buddhistischen Kunst oder den Jadeschnitzereien von der Antike bis in die Neuzeit. Buch bei Amazon.

Textilkunst aus Asien

2004

Der goldene Faden – ein Seidenfaden, umwickelt mit vergoldeten Papierstreifen – zieht sich wie ein Leitmotiv durch die Textilgeschichte Ostasiens. Mit ihm konnten nicht nur imposante, goldschimmernde Muster in die Seidenstoffe eingewebt werden, er eignete sich auch für großflächige Stickereien.

Walter Brix: Der Goldene Faden. Museum für Ostasiatische Kunst Köln. Bestandskatalog der Textilsammlung. Mit einem Vorwort von Adele Schlombs. 4°. 312 S. mit ca. 200 farbigen Abb. Wienand Verlag Köln 2004.

Der Bestandskatalog präsentiert die über 400 Objekte umfassende Kollektion des Kölner Hauses, deren Schwerpunkt Textilien des 18. und 19. Jahrhunderts bilden. Nach Ländern (China, Korea, Japan) und Gewebetypen gegliedert, werden Staats- und Beamtenroben, Damengewänder sowie Dekorationsstoffe für Paläste, Tempel und Wohnhäuser systematisch erfasst. Das Hauptgewicht der Japansammlung bilden kostbare buddhistische Textilien. Den Länderkapiteln ist jeweils ein mit historischen Fotos des 19. Jahrhunderts bebilderter Einführungstext vorangestellt, in dem die für die einzelnen Länder charakteristischen Techniken, aber auch Sinn und Bedeutung der Dekormotive und die Funktion der Stücke erläutert werden. Dabei wird die herausragende Kollektion der buddhistischen Mönchsumhänge und die Gruppe der chinesischen Samtbehänge erstmalig in deutscher Sprache exemplarisch bearbeitet und vorgestellt. Buch bei Amazon.

Das Museum für Ostasiatische Kunst in Köln präsentiert erstmals eine Auswahl der kostbarsten und schönsten Textilien aus seinem über 400 Objekte umfassenden Sammlungsbestand in einer großen Sonderausstellung.

Den Schwerpunkt der Kollektion bilden Textilien des 18. und 19. Jahrhunderts. Nach Ländern gegliedert zeigt die Ausstellung prunkvolle chinesische Staats- und Beamtenroben, Kopfbedeckungen, farbenprächtige Damengewänder sowie Dekorationsstoffe für Paläste, Tempel und Wohnhäuser. Herausragendes Beispiel der koreanischen Textilkunst ist ein reich besticktes Hochzeitsgewand. Im Zentrum der Japansammlung stehen kostbare buddhistische Mönchsumhänge, Tempelbanner und gestickte Kultbilder des 14. Jahrhunderts sowie eine Gruppe eleganter, in Abbindetechnik gefärbter Kimonos. Die Ausstellung deckt die gesamte Bandbreite der textilen Techniken von komplexen Geweben über Seidenwirkerei und Samt bis hin zu aufwendigen Stickereien und ungewöhnlichen Färbetechniken ab.

Der Goldene Faden führt ein in die faszinierende Welt ostasiatischer Textilkunst und erklärt neben Sinn und Bedeutung der Dekormotive auch die praktische Funktion der Stücke. Wie kaum ein anderer Gegenstand spiegeln die in luxuriöser Seide gefertigten Roben und Dekorationsstoffe Rang und Status ihrer ursprünglichen Besitzer und führen den Besucherinnen und Besuchern die gesellschaftliche und soziale Dimension ostasiatischer Textilien vor Augen. Ausstellung im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln 29. Februar 2004. www.museenkoeln.de.

Flüsse und Berge

2004

Das Museum für Ostasiatische Kunst präsentiert mit der Ausstellung Zeng Mi – Flüsse und Berge lassen mich Ruhe finden einen herausragenden Vertreter der neuen Literatenmalerei (Xin Wenren Hua). Neben der westlich inspirierten realistischen Malerei, der Pop-Art und anderen Stilrichtungen nimmt die neue Literatenmalerei eine eigenständige Position ein. Sie bedient sich der traditionellen Ausdrucksmittel Pinsel, Tusche und Papier, drückt aber ein modernes Lebensgefühl aus, das durch die Vereinzelung und Verunsicherung des Individuums gekennzeichnet ist. Zugleich lässt sie sich weder durch staatliche oder politische Interessen, noch durch westliche Leitbilder vereinnahmen.

Die Literatenmalerei geht zurück auf das 11. Jahrhundert und soll als Abdruck des Herzens nicht die äußere Form der Dinge, sondern ihre Substanz wiedergeben. Im Vordergrund steht der Ausdruck der geistigen Konzeption und der Gefühle. Ein Bergmassiv, dessen Fuß sich im Nebel zu verlieren scheint, auf einem schmalen Steg ein einzelner Wanderer bei der Überquerung eines steinigen Flussbetts, eine Szene, eingehüllt in Stille. Zeng Mis Bilder beschreiben die geistigen Landschaften des Künstlers, der wie ein Eremit inmitten eines lärmenden, vom Wirtschaftsaufschwung berauschten China lebt. Lautlose Gedichte wäre wohl die beste Beschreibung seiner Werke.

Zeng Mi, geboren 1935 in der Küstenstadt Fuzhou, knüpft an die Tradition der Literatenmalerei an. Er hat sowohl die traditionelle chinesische Ausbildung in der Malerei und der Kunst der Pinselschrift durchlaufen, als auch westliche Malweisen studiert. In seinen Arbeiten spiegelt sich die intensive Auseinandersetzung mit östlichen und westlichen Kunstauffassungen, wodurch er zu einem unverwechselbaren künstlerischen Ausdruck gefunden hat. Vollkommen neuartig ist sein Umgang mit Licht und Raum. Während der Kulturrevolution teilte der Künstler das Schicksal vieler seiner Zeitgenossen, deren Bilder vernichtet wurden. Heute lebt er zurückgezogen in Hangzhou/ Provinz Zhejiang. Ausgewählte Werke des Künstlers wurden 1998 in der Ausstellung „A Century in Crisis: Modernity and Tradition in the Art of Twentieth- Century China“ im Guggenheim Museum, New York gezeigt.

Ausstellung im Museum für Ostasiatische Kunst in Berlin sowie im Museum für Ostasiatische Kunst Köln www.museenkoeln.de. Begleitend erscheint ein Katalog zum Preis von ca. 30.00 Euro.

Bambus im alten Japan

2004

Der Zürcher Hans Spörry wirkte zwischen 1890 und 1896 in Yokohama als Seidenkaufmann und hatte eine große Passion: Er sammelte alles, was aus Bambus gefertigt wurde oder worauf Bambus abgebildet ist: Hans Spörry, Seidenhändler in Yokohama, erhielt 1890 eine Wunschliste von Prof. Carl Schröter aus Zürich, mit der Aufforderung, er möge alles, was aus Bambus gefertigt oder worauf Bambus abgebildet sei, sammeln und kaufen. Eine Passion entzündete sich – glücklicherweise konnte Hans Spörry die blühende Wucherung seiner eigenen Sammelwut nicht richtig einschätzen. Denn im Laufe der Zeit (1890 bis 1896) verzeichnete der Kaufmann über 1500 Bambusgegenstände in seinem Journalbuch; alles sorgfältig nummeriert und genau katalogisiert! Das Völkerkundemuseum der Universität Zürich wird nun einen beachtlichen Teil dieser immensen Sammlung, die es seit Jahrzehnte beherbergt, präsentieren. Diese Hauptausstellung wird rund ein Jahr dauern und von vielen weiteren Nebenattraktionen flankiert.

Zuvor wurde jener Fundus unermüdlichen Sammelns erstmals 1893, also vor über 100 Jahren, einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Die NZZ schrieb damals in der Ausgabe vom 28. April 1893: «Diese Sammlung bildet nicht nur eine wunderbare Illustration der unerschöpflichen Anwendbarkeit des Bambus, sondern auch eine reichhaltige Darstellung des ganzen japanesischen Haushaltes; sie stellt einen hochinteressanten Beleg dar für die Findigkeit, Geschicklichkeit und Geduld des japanesischen Gewerbetreibenden; und endlich werden unsere Kunsthandwerker in derselben eine reiche Quelle fruchtbarer Anregung finden.» Am 13. Mai stand dann in derselben Zeitung zu lesen: «Manches in der Bambusindustrie erscheint uns fremdartig, aber daneben gibt es hunderte von hübschen, sogar kunstvollen Sachen, die jedem europäischen Haus wohl anständen und wenn es vielleicht der unausgesprochene Nebenzweck der Ausstellung ist, den einen oder anderen Bambusartikeln Eingang auf unsern Markt zu verschaffen, so entspricht die Sammlung demselben vollständig. Wir empfehlen den Besuch derselben namentlich unsern Frauen, sie werden vieles finden was ihnen gefällt.»

Mit Stolz darf die Spörry-Sammlung als die bedeutendste ihrer Art bezeichnet werden. Körbe, Hüte, Klein-möbel, Käfige, Vasen, Instrumente, Teeutensilien, Sakegefässe, Keramik, Bücher, Rollbilder, Schwertzierrat mit Bambusdarstellungen etc., allesamt Gegenstände, die behutsam restauriert und wissenschaftlich bearbeitet wurden und nun in bester visueller Aufmachung präsentiert werden.

Das Faszinierende an dieser Sammlung: Sie zeugt nicht nur von der genialen japanischen Findigkeit, aus einem schlichten Material hoch-funktionale und raffiniert-ästhetische Objekte zu fertigen, sondern vermag auch das grosse Interesse unserer Gesellschaft an Design und Ästhetik zu befriedigen. Ein einziger Rohstoff zeigt das kulturelle Leben und Denken der damaligen japanischen Bevölkerung auf. Es handelt sich also nicht um eine blosse Objektdokumentierung, das Material Bambus vermittelt soziale und philosophische Ein- und Ansichten.

Die Ausstellung  führt den Besucher unmittelbar in die Umgebung und in die Zeit, aus der die Gegenstände stammen (um 1890). Dafür wurden eigens dekorative und stilvolle Vitrinen hergestellt, die den alten japanischen Schaufenstern nachempfunden wurden (quasi wie aus Hans Spörrys Zeiten). In einem eigenen Ausstellungsraum wird der Bogen in die Gegenwart geschlagen: Dort steht eine moderne Adaption eines 4-1/2-Tatami-Teeraumes, in dem zu bestimmten Zeiten Teezeremonien und Ikebanavorführungen durchgeführt werden. Im selben Raum werden zwei Kurzfilme gezeigt. Der eine führt das «Leben» eines Chasen (Teebesen) vor, der andere noch heute praktizierte Handwerke, in denen Bambus Verwendung findet.

Möglich wurde diese faszinierende Ausstellung u.a. durch die Gewährung eines Japan-Forschungsaufenthaltes durch die Japan Foundation an den für die Ausstellung verantwortlichen Wissenschaftler, PD Dr. Martin Brauen, der auch eine umfangreiche Publikation zusammenstellte, in der die wichtigsten Gegenstände abgebildet und beschrieben werden. Historische Fotos aus der Zeit, als Hans Spörry in Japan lebte, zeigen, wie die in Buch und Ausstellung zu sehenden Objekte verwendet wurden.

Ausstellung im Völkerkundemuseum der Universität Zürich. Pelikanstrasse 40, 8001 Zürich bis 29. Februar 2004. www.musethno.unizh.ch.

Martin Brauen: Bambus im alten Japan. Funktion und Ästhetik. 4°. 288 S., 300 Abb., davon 261 in Farbe. Geb. Texte in deutsch und englisch. Arnoldsche Verlagsanstalt, Stuttgart 2003. Buch bei Amazon.

Japan um 1850

2004

Die 69 Farbholzschnitte umfassende Serie der Berühmten Ansichten der rund 60 alten Provinzen Japans, die zwischen 1853 und 1856 entstand, gehört zu Hiroshiges bedeutendsten Werken, doch ist sie als Ganzes kaum bekannt. Das Museum für Angewandte Kunst in Wien besitzt eine vollständige Version mit hervorragend erhaltenen Farben, die nun im Haus zum Kiel ausgestellt wird. Die Besucher sind eingeladen, entlang der großen Handels- und Pilgerwege eine an szenischen Schönheiten reiche Reise durch das alte Japan anzutreten.

Ando Hiroshige (1797–1858) entwarf neben Katsushika Hokusai (1760–1849) die eindrücklichsten Landschaftsdarstellungen des japanischen Farbholzschnitts. In stimmungsvollen Szenen und teils gewagten Bildkompositionen hielt er die verschiedenen Landstriche und Ortschaften seiner Heimat fest. Sein besonderes Interesse galt den verschiedenen Jahres- und Tageszeiten und der atmosphärischen Wirkung wechselnder Witterung. In der wenige Jahre vor seinem Tod entstandenen Serie der 60 Provinzen spiegelt sich Hiroshiges gereiftes Verständnis für die vielfältigen Möglichkeiten der Landschaftsinterpretation, die zu seinem Lebensthema geworden war.

Bei den frühen japanischen Holzschnittmeistern stehen die Figuren im Vordergrund des Interesses. Der Landschaft fällt lediglich eine begleitende Rolle zu. Die Themen der Frühphase, schöne Frauen und Schauspieler, waren aber nach 1800 bereits stark abgenutzt. In der Folge erlangte das Thema Landschaft immer mehr an Bedeutung. Die zur Darstellung gebrachte Umwelt bestand einerseits aus der wohlvertrauten heimischen Landschaft mit ihren seit alters berühmten, durch Geschichte und Literatur jedermann bekannten Szenerien, Sehenswürdigkeiten und Kulturdenkmälern, andererseits aus dem städtischen, ja großstädtischen Milieu eines zu höchster kultureller Aktivität erwachten Bürgertums.

Ando Hiroshige begann diese Serie im Jahr bevor der amerikanische Kommodore Matthew Perry mit seinen schwarzen Kanonenbooten in die Bucht von Edo einfuhr und eine Öffnung Japans für den Handel mit westlichen Staaten erzwang. In diesem Sinne kann man die Serie der 60 Provinzen auch als einen Versuch sehen, nochmals ein Bild Japans festzuhalten, dessen radikale Veränderung sich längst abzeichnete.

Eine Ausstellung des Museum für Angewandte Kunst in Wien www.mak.at in Zusammenarbeit mit dem Museum Rietberg Zürich www.rietberg.ch im Haus zum Kiel, Hirschengraben 20, 8001 Zürich bis 06. Juni 2004.

Shanghai

2002 – 2003

Historische Fotografien aus dem China des 19. Jahrhunderts stießen in den letzten Jahren auf ein großes Interesse, doch Bilder – insbesondere Amateuraufnahmen – aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts waren bis anhin kaum Gegenstand einer vertieften Untersuchung. Sowohl für den Westen als auch für China bildet dieses Material jedoch ein faszinierendes und lohnenswertes Forschungsfeld. Umso erfreulicher, dass sich das Völkerkundemuseum Zürich nun diesem Thema angenommen hat und nun rund 70 Aufnahmen von Schweizer Amateurfotografen, die im Zeitraum zwischen 1910 und 1930 entstanden ausstellt.

Die aufwändig präsentierten kolorierten Glasdias und Schwarzweissaufnahmen dokumentieren die verschiedenen Lebensbereiche Shanghais: Die Welt der ausländischen und chinesischen Stadtbewohner, im Alltag und bei der Arbeit sowie bei Freizeitvergnügungen und Ausflügen in die Umgebung der Stadt.

Shanghai war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Ort, wo sich in einzigartiger Weise westliche und östliche Elemente trafen und wo Modernes neben Traditionellem existierte: Hinter der eleganten Fassade mit den Prachtbauten am Bund reihten sich die zweistöckigen Reihenhäuser der Fabrikarbeiter, auf dem Huangpujiang zogen stählerne Meeresdampfer an den Dschunken und Hausbooten vorüber, das Quietschen der elektrischen Trams verband sich mit den Rufen der Straßenhändler und der Gestank der Automobilmotoren mischte sich mit den Gerüchen der Straßenküchen.

Die Hafenstadt zog viele Ausländer an, die in der Regel in ausländischen Fabriken, Manufakturen und Handelshäusern leitende Positionen einnahmen oder in der Stadtverwaltung arbeiteten. Die Shanghailänder – wie sich die in Shanghai lebenden Ausländer selber nannten – führten ein äußerst angenehmes Leben im damals üblichen kolonialen Stil. Die Freizeit verbrachten sie häufig in einem der vielen Clubs, wo man neben sportlichen Aktivitäten gesellschaftliche und geschäftliche Beziehungen pflegte. Die meisten Ausländer schlossen China und die Chinesen aus ihrem Leben aus.

Eine willkommene Abwechslung zum Stadtleben boten die Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung Shanghais. Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes reisten die Shanghailänder sowie die ausländischen Touristen vornehmlich mit dem Zug und bestiegen anschließend ein vorausgeschicktes oder vor Ort gemietetes Hausboot, um ihre Reise auf einem der zahlreichen Wasserwege fortzusetzen.

Trotz seiner modernen westlichen Fassade war Shanghai aber eine chinesische Stadt, die mehrheitlich von Einheimischen bewohnt wurde: Im Jahr 1925 waren von den 2.5 Millionen Einwohnern 98% Chinesen. Das urbane Leben lockte sowohl reiche Unternehmer und Intellektuelle an, als auch verarmte Bauern, die in der verheißungsvollen Stadt ein besseres Leben suchten. Es war der große Traum vieler mittelloser Immigranten, Arbeit in einer Fabrik zu finden. Die meisten arbeiteten jedoch als Rikschakuli, Hafenarbeiter und Straßenhändler oder verdienten sich ihren Lebensunterhalt als Prostituierte und Bettler.

Die ausländischen Bewohner Shanghais pflegten wenig persönlichen Kontakt zur chinesischen Bevölkerung, aber ihre Neugier am fremdartigen Leben war groß. Das betriebsame Leben in den Strassen bot den westlichen Augen den erhofften Einblick in den chinesischen Alltag: Exotische Transportmittel passten in das Bild, das sie sich von China machen wollten. Szenen dieser Art wurden fotografiert und als Erinnerungsobjekte und Beweisstücke nach Hause gebracht.

Der Blick aufs fremde Leben widerspiegelt sich auch in den Bildern, insbesondere in der Wahl der Themen und Motive. Die Fotografien erzählen deshalb nicht nur eine visuelle Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner, sie sind auch Dokumente, wie westliche Augen die Chinesen und ihre Welt wahrgenommen haben.

In der Ausstellung geht es darum, ein Shanghai zu zeigen, das nicht nur dem exotischen, kolonialistischen Bild entspricht. Sie präsentiert die fotografische und vielfach auch ethnographische Dokumentation verschiedener Lebensbereiche, die im Vertragshafen Shanghai zu Beginn des 20. Jahrhunderts existierten. Mit den ungekünstelten Amateuraufnahmen und den Bildlegenden, die den Fotografien einen Kontext geben, will die Ausstellung den exotischen Kolorit Shanghais abschwächen, das oft einseitige Chinabild korrigieren und vielleicht eine neue Sicht auf die berühmte Stadt am Huangpujiang ermöglichen.

Ausstellung im Völkerkundemuseum der Universität Zürich, Pelikanstrasse 40, 8001 Zürich vom 31. Oktober 2002 bis 30. März 2003. www.musethno.unizh.ch.

Rückkehr des Buddha

2001

Qingzhou war bis vor kurzem eine nur wenigen bekannte Kleinstadt in der ostchinesischen Provinz Shandong. Im Jahre 1996 lenkte jedoch ein sensationeller archäologischer Fund die Aufmerksamkeit chinesischer und westlicher Forscher auf diesen unscheinbaren Ort. Bauarbeiter förderten Steinfragmente von über 320 buddhistischen Figuren zu Tage, die von Experten des in ummittelbarer Nachbarschaft gelegenen Museums rasch als Skulpturen, die ursprünglich zur Ausstattung alter, längst untergegangener Tempel gehörten, identifiziert werden konnten. Sie stammen aus einer Zeit, als Qingzhou noch das politische und religiöse Zentrum dieser Küstenregion war. Beinahe alle entdeckten Buddha- und Bodhisattvafiguren sind aus einem feinkörnigen Kalkstein gearbeitet, wie er heute noch bei Qingzhou abgebaut wird und ihr guter Erhaltungszustand wird für die Geschichte der buddhistischen Kunst als ein einzigartiger Glücksfall gewertet.

Sie lagen in einer 9 x 7 Meter großen Grube, nur eineinhalb Meter unter dem heutigen Erdniveau. Dort hatte man sie sorgsam aufgeschichtet und mit Schilfmatten abgedeckt. Eine Untersuchung der Münzfunde ergab, dass dies im 12. Jahrhundert geschehen sein muss. Eine zweite Sensation folgte auf den Fuß: Fast alle Figuren stammen aus dem 6. Jahrhundert. Sie waren also zur Zeit der Einlagerung bereits über 500 Jahre alt. Bis heute ist es ein Rätsel, weshalb die Figuren einst zerstört wurden. War es ein Erdbeben, eine Feuersbrunst, oder fielen sie Buddhistenverfolgungen zum Opfer? Die beschädigten Tempelskulpturen, die kultisch entheiligt waren, wurden im 12. Jahrhundert freilich nicht einfach weggeworfen, sondern in einem Akt religiöser Frömmigkeit ehrenvoll bestattet.

Im 6. Jahrhundert war der Buddhismus in China eine noch junge Religion. Die in Indien entstandene Glaubensgemeinschaft wurde zunächst in Klöstern an der Seidenstrasse und an den nordchinesischen Kaiserhöfen gefördert. Bald schon entwickelte sie sich in ganz China zu einer weit verbreiteten Volksreligion, unter manchen Herrschern sogar zur Staatsreligion. Die Figuren von Qingzhou wurden als Weihegaben von lokalen Beamten, Kaufleuten und Bauern für die Tempel der Stadt gestiftet. Im Gegensatz zu den großen, vom Adel und vom Kaiserhof geförderten Tempelanlagen können die Bildwerke von Qingzhou als frühe Beispiele der Volksfrömmigkeit und der Stiftungsfreudigkeit einer breiten Bevölkerung betrachtet werden.

Historische Nachforschungen haben unterdessen ergeben, dass das Gelände, auf dem die Skulpturen entdeckt wurden, wohl einst zum Tempel des Drachenaufstiegs gehört hatte über den allerdings keine konkreten Beschreibungen über seine Frühgeschichte vorliegen obwohl man davon ausgehen darf, dass es sich um den größten und reichsten Tempel der Provinz gehandelt hat. Heute geht man jedenfalls davon aus, dass die vielen Figuren in der Grube nicht nur aus diesem berühmten Tempel stammen, sondern auch aus verschiedenen anderen Tempeln der Gegend, denn nur so lässt sich die erstaunlich hohe Anzahl aufgefundener Kultbilder erklären.

Die Ausstellung versammelt nun Skulpturen, die in der Zeit zwischen 520 und 577 entstanden sind. In diesen fünfzig Jahren hat sich in der buddhistischen Kunst Chinas ein entscheidender Stilwandel vollzogen. Die frühen Skulpturen, meist in Relief gearbeitete Konfigurationen, wirken streng und monumental. Die Bildhauer zeigten wenig Interesse an einer naturalistischen Gestaltung des menschlichen Körpers. Die Gewänder wirken zudem noch ornamental. Bei den späteren, meist als freistehende Figuren konzipierten Bildwerken hingegen wird der Körper betont und die hauchdünnen Gewänder schmiegen sich an ihn wie nasse Seide. Dieser Stilwandel lässt sich auf den Einfluss der buddhistischen Kunst in Indien zurückführen. In jenen Jahren wurden die Kontakte über die Seidenstraße nach Zentral- und Südasien zum indischen Guptareich wieder aktiviert. Dieser Austausch hat, wie die indisch anmutenden Figuren der Ausstellung zeigen, seine Spuren bis in den entlegenen Osten, nach Shandong, hinterlassen.

Die zwei ersten Ausstellungen in Beijing und Hongkong führten einem staunenden Publikum die archäologische Sensation aus Qingzhou mit großem Erfolg vor. Nun kommt dieser für die buddhistische Kunst so wichtige Fund zum ersten Mal in den Westen.

In Zusammenarbeit mit den Staatlichen Museen in Berlin und der Royal Academy of Arts in London präsentierte das Museum Rietberg die 33 schönsten und bedeutendsten Figuren aus Qingzhou und vermittelt so einen einmaligen Eindruck von der Pracht und der Farbigkeit des frühen Buddhismus in China. Ausstellung im Museum Rietberg Zürich und in der Royal Academy of Arts London.

Lukas Nickel (Hrsg.): Die Rückkehr des Buddha. Chinesische Skulpturen des 6. Jahrhunderts. Der Tempelfund von Qingzhou. 4°. 236 S., 132 Farb-Abb. Museum Rietberg, Zürich 2001. Buch bei Amazon.

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Bildnachweis: M50 Shanghai © Sabine Ritter